von Elke Sieber und Daniel Wensauer-Sieber

Ein Déjà-vu mit strategischer Relevanz

Da standen wir also wieder. Karfreitag 2025, inmitten der pulsierenden Energie des Louvre. Fast vierzig Jahre nach dem letzten Eintrag auf der persönlichen Kultur-Bucket-List. Ein Wiedersehen, das mehr war als nur Nostalgie. Während wir beim Lunch im Obergeschoss das faszinierende Treiben beobachteten – die endlosen Schlangen für Audio-Guides, das geschäftige Pendeln zwischen den Sälen, die fast magnetische Anziehungskraft einzelner Werke –, drängte sich eine Frage auf, die weit über das rein Kulturelle hinausgeht: Was macht dieses Museum zu einem solchen globalen Phänomen? Und, noch wichtiger: Welche strategischen Impulse kann die deutsche Kulturlandschaft daraus mitnehmen, gerade jetzt, wo Rechtfertigungsdruck und schwindende Budgets den Alltag prägen?

Louvre am Karfreitag 2025: lange Schlangen, Kulturinteressierte aus vielen Ländern – wollen alle nur die Mona Lisa sehen? Foto: Daniel Wensauer-Sieber

Der Louvre-Effekt: Mehr als nur Geschichte und Steine

Die Ursprünge als Festung Philipps II. im 12. Jahrhundert, die Wandlung zum Königspalast, die Öffnung als Museum während der Revolution 1793 – das sind beeindruckende historische Eckdaten. Doch sie allein erklären nicht die fast 9 Millionen Besucher jährlich. Diese Zahl ist kein Zufall, sie ist das Ergebnis einer einzigartigen Konvergenz von Faktoren, die weit über die reine Kunstpräsentation hinausgehen. Natürlich, da ist sie, die Mona Lisa, hinter Panzerglas, ein Selfie-Magnet sondergleichen. Aber wer den Louvre darauf reduziert, übersieht das strategische Gesamtbild.

Selfie-Magnet Mona Lisa. Foto: Daniel Wensauer-Sieber

Das Erfolgsgeheimnis: Ein Orchester statt eines Solisten

Ein kurzer Streifzug genügt: Delacroix‘ „Freiheit führt das Volk“ – ein Bild, das sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat. Die schwebende Eleganz der Venus von Milo. Die schiere Opulenz von Davids „Krönung Napoleons“. Saal um Saal entfaltet sich ein Universum von Meisterwerken. Ist es also „nur“ die schiere Masse an hochkarätigen Werken in einem prächtigen Gebäude im Herzen einer Weltmetropole? Ja, aber das ist nur die halbe Wahrheit. Der Louvre ist ein meisterhaft kuratiertes Gesamterlebnis.

Die Krönung Napoleons – weltberühmt, gemalt von Jacques-Louis David. Foto: Daniel Wensauer-Sieber

Beobachtungen aus der Management-Perspektive (Karfreitag 2025)

Unser Besuch war mehr als nur ein touristischer Schnappschuss; er war eine Fallstudie in Echtzeit:

  1. Skalierung par excellence: Die schiere Menge an Besuchern ist atemberaubend – und wird offenbar professionell gemanagt.
  2. Globale Reichweite: Ein Mikrokosmos der Welt – hier trifft sich buchstäblich jeder, aus allen Ländern und Kulturen.
  3. Demokratisierung des Erlebnisses: Vom Rucksacktouristen bis zum Connaisseur – die Anziehungskraft durchdringt alle gesellschaftlichen Schichten.
  4. Dezentrale Faszination: Die Energie verteilt sich erstaunlich gut im Haus, nicht nur vor den Top-3-Highlights.

Die Kernfrage: Warum diese universelle Sogwirkung – und was hinkt in Deutschland?

Hand aufs Herz: Welches deutsche Museum schafft eine vergleichbare Begeisterung über Fachkreise hinaus? Die Erfolgsfaktoren des Louvre lassen sich strategisch destillieren:

 

  • Das Asset „Sammlung“: Eine unvergleichliche Dichte und Breite an Weltkunst – das Kernprodukt stimmt auf höchstem Niveau.
  • Die Macht der Marke & Narrative: Die historische Aura, die Geschichten, die sich um den Ort und die Werke ranken – das ist unbezahlbares symbolisches Kapital.
  • Location, Location, Location: Im Epizentrum einer globalen Top-Destination – ein Standortvorteil, der aktiv genutzt wird.
  • Professionelles Marketing & Erlebnisdesign: Sonderausstellungen, Events, aber auch die geschickte Inszenierung des „Must-See“-Status. Der Louvre ist kein Geheimtipp, er ist eine globale Benchmark, ein fester Bestandteil des kulturellen Kanons. Man muss dagewesen sein.

„Die Freiheit führt das Volk“ fehlt in keinem Schulbuch. Foto: Daniel Wensauer-Sieber

Museen wie der Prado, die Eremitage, das British Museum, das Met oder die Vatikanischen Museen spielen in einer ähnlichen Liga – sie alle orchestrieren diese Erfolgsfaktoren meisterhaft.

Hier kommt swsp transform ins Spiel: Von der Analyse zur Aktion

Genau hier setzt unsere Arbeit bei swsp transform an. Wir sehen die Herausforderungen, vor denen deutsche Kultureinrichtungen stehen: schwindende öffentliche Mittel, der Zwang zur permanenten Selbstlegitimation, der Wettbewerb um die knappe Ressource Aufmerksamkeit. Aber wir sehen auch das immense Potenzial. Die Erfolgsfaktoren des Louvre sind kein französisches Mysterium, sondern Ergebnis strategischer Weichenstellungen.

Unsere Expertise liegt darin, diese Prinzipien auf den spezifischen Kontext unserer Klienten zu übertragen:

  • Audience Development & strategische Positionierung: Wie kann Ihre Institution eine ähnlich breite und diverse Anziehungskraft entwickeln? Wie definieren Sie Ihr einzigartiges Wertversprechen?
  • Strategische Kommunikation & Storytelling: Wie übersetzen wir Ihre Schätze und Ihre Relevanz in eine überzeugende Erzählung, die begeistert und Unterstützer mobilisiert? Wie wird Ihr Haus zum „Must-See“ in Ihrer Region oder darüber hinaus?
  • Change Management & Transformation: Wie implementieren wir die notwendigen Veränderungen in Organisation, Prozessen und Kultur, um Ihr Haus zukunftsfähig und resilient aufzustellen?
  • Unternehmenskultur & Leadership: Wie sieht eine nach innen und außen strahlende Unternehmenskultur aus? Wie kann motivierend und empathisch geführt werden mit Inspiration statt Kontrolle?

Fazit: Das Louvre-Mindset kultivieren

Der Louvre ist mehr als ein Museum – er ist ein Ökosystem der Faszination, ein Lehrstück in Sachen kultureller Strahlkraft und strategischer Markenführung. Die Fähigkeit, Menschen über alle Grenzen hinweg für Kunst und Geschichte zu begeistern, ist nicht gottgegeben, sondern das Resultat konsequenter Arbeit an Relevanz, Erlebnis und Reichweite.

Für deutsche Kulturmanager und Institutionen liegt hier eine riesige Chance. Es geht nicht darum, den Louvre zu kopieren, sondern darum, die zugrundeliegenden Erfolgsprinzipien zu verstehen und mutig auf die eigenen Stärken anzuwenden. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die einzigartige Strahlkraft Ihrer Institution zu entfesseln und die Zukunft der Kulturlandschaft aktiv zu gestalten.