von Elke Sieber und Daniel Wensauer-Sieber
Der Druck auf die kommunale Kulturpolitik war selten so hoch wie heute. Globale Krisen, gesellschaftliche Polarisierung und finanzielle Engpässe, verstärkt durch die Nachwehen der Pandemie, fordern uns heraus, unser Denken grundlegend zu verändern. Das traditionelle Modell von starren Kulturentwicklungsplänen mit festen Meilensteinen stößt an seine Grenzen. In unserer Welt, die sich durch VUCA – Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität – auszeichnet, brauchen wir etwas anderes: eine flexible, strategische Orientierung, die uns navigieren lässt, ohne uns in engen Korsetten zu fesseln.
Warum starre Pläne passé sind
Kulturentwicklungspläne, die oft in aufwendigen Prozessen über Jahre hinweg entstehen, sind wertvoll. Doch ihre Wirksamkeit schwindet, sobald sich die Realität schneller verändert als die Tinte auf dem Papier trocknet. Die Pandemie war dafür ein drastisches Beispiel. Museen, Theater und Veranstaltungsorte mussten über Nacht schließen, geplante Projekte wurden auf Eis gelegt oder fielen ganz aus. Dieses Szenario hat uns schmerzhaft vor Augen geführt, dass Sicherheit eine Illusion ist. Die wahre Herausforderung besteht darin, lernfähig und anpassungsfähig zu sein.
Eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zur Zukunftsfähigkeit von Kommunen unterstreicht dies. Sie zeigt, dass Resilienz und die Fähigkeit, schnell auf Krisen zu reagieren, entscheidende Faktoren für den Erfolg sind. Das gilt nicht nur für die Wirtschaft, sondern auch für den Kulturbereich. Kulturpolitik muss deshalb einen Wandel vollziehen: weg von der statischen Planung hin zur dynamischen Strategieentwicklung, die auf stetigem Dialog und Rückkopplung basiert.
Partizipation als Schlüssel zur Resilienz
Die größte Kraft in diesem Wandel liegt in der Beteiligung. Partizipation ist nicht nur ein Modewort, sondern das Herzstück einer zukunftsfähigen Kulturpolitik. Wer von Beginn an alle relevanten Akteur:innen – von Künstler:innen über Kulturinstitutionen bis hin zu den Bürger:innen – in den Prozess einbezieht, schafft nicht nur Akzeptanz. Man erschließt auch ein enormes Potenzial an Kreativität und Wissen, das in starren Planungsstrukturen oft ungenutzt bleibt.
Unsere Erfahrung: Kulturtakteur:innen und Bürger:innen wünschen sich eine stärkere Mitsprache. Sie wollen aktiv mitgestalten. Auch die Ansprache der Nichtbesucher:innen kann dazu beitragen, dass der gesellschaftliche Zusammenhalts gestärkt wird.
Kultur ist viel mehr als ein „Nice-to-have“
Ein oft gehörtes Argument in Krisenzeiten ist, dass die Kultur zu den ersten Bereichen gehört, bei denen gespart wird. Dabei sollte das Gegenteil der Fall sein. Kultur ist keine Nebensache, sondern ein entscheidender Faktor für die soziale, demokratische und wirtschaftliche Entwicklung. Sie stärkt die lokale Identität, fördert den sozialen Zusammenhalt und trägt maßgeblich zur touristischen Attraktivität bei.
Die Relevanz einer strategisch ausgerichteten Kulturpolitik wird zunehmend wissenschaftlich bestätigt. Ein Beitrag der Technischen Universität Berlin zur „Kulturpolitik als Stadt(entwicklungs)politik“ zeigt, dass Kunst und Kultur als Motoren für die Entwicklung städtischer Räume fungieren – insbesondere als Wohn- und Wirtschaftsstandorte. Dabei wird Kultur nicht nur als gesellschaftlicher Wert verstanden, sondern auch als ökonomischer Standortfaktor, der zur Attraktivität von Städten beiträgt, Fachkräfte bindet und die urbane Lebensqualität steigert.
Auch der Deutsche Städtetag betont in seinem Positionspapier die zentrale Rolle von Kulturpolitik für die Stadtentwicklung. Sie beeinflusst das gesellschaftliche Klima, stärkt die soziale Integration in Stadtteilen, fördert die Quartiersentwicklung und trägt zur Identitätsbildung durch Baukultur und Stadtbild bei. Die Kulturwirtschaft und Kreativszene gelten als wichtige Standortfaktoren, deren Förderung ressortübergreifende Strategien, faire Flächenvergabe und kulturelle Zwischennutzungen erfordert.
Wie wir Orientierung schaffen: gemeinsam mit den Menschen vor Ort
Bei swsp transform verfolgen wir genau diesen Ansatz. Unsere Arbeit beginnt nicht mit fertigen Konzepten, sondern mit offenen Fragen und dem Zuhören. Wir glauben daran, dass die besten Lösungen gemeinsam mit den Menschen vor Ort entstehen. Unsere partizipativen Formate – von Stakeholder-Dialogen über Bürger:innenbeiräte bis zu partizipativen Workshops – sind darauf ausgelegt, Orientierung zu geben, ohne die Komplexität zu reduzieren. Und dann sorgen wir für eine schlanke Umsetzung – mit so viel Planung wie nötig, ohne starr und unflexibel zu sein.
Wir haben diese Erfahrung in zahlreichen Projekten gemacht, ob in der Kulturhauptstadt 2025 Chemnitz, in Kehl, Ansbach,Ludwigshafen oder Karlsruhe. Auch im ländlichen Raum, beispielsweise in Oelsnitz und Sigmaringen, sowie für ganze Bundesländer, wie beim Kulturdialog des Landes Baden-Württemberg, haben unsere partizipativ entwickelten Konzepte nachhaltige Wirksamkeit entfaltet.
In einer Welt der Unsicherheit geht es nicht um Planungssicherheit, sondern um Handlungsfähigkeit. Es geht darum, strategisch zu denken, flexibel zu handeln und Kultur als die gesellschaftliche Kraft ernst zu nehmen, die sie ist – gerade in Zeiten, in denen sie am dringendsten gebraucht wird.
Laden Sie hier unseren Flyer herunter und erfahren Sie mehr über unsere Arbeitsweise.
Die Autoren
Elke Susanne Sieber ist Mitgründerin und geschäftsführende Partnerin von swsp transform. Als Expertin für strategische Kulturberatung begleitet sie Kommunen und Institutionen bei der Entwicklung zukunftsfähiger Kulturkonzepte und -strategien. Vor ihrer Selbständigkeit hat sie u.a. das Kulturbüro in Karlsruhe geleitet.
Daniel Wensauer-Sieber ist ebenfalls Mitgründer und geschäftsführender Partner von swsp transform. Als Experte für strategische Stadt- und Regionalentwicklung berät er Kommunen, Institutionen und Netzwerke bei der Entwicklung zukunftsorientierter Transformationsprozesse und Innovationsstrategien. Vor seiner Selbständigkeit war er u.a. stv. Leiter des Landesmarketings von Baden-Württemberg.
